Einleitende Bemerkungen zu den drei nachfolgenden Studien, die nachweisen, dass ein Vitamin D Mangel in der Bevölkerung häufig ist.
Es wird immer wieder behauptet,
1. ein Vitamin D Mangel sei in unseren Breitengraden selten.
2. Vitamin D Supplemente seien deshalb in der Regel unnötig.
3. Vitamin D Supplemente würden mehr schaden als nützen.
Ich habe diese drei Studien ausgewählt um zu zeigen
1. dass Vitamin D Mangel häufig ist. In unseren Breitengraden weisen nur 2 – 4 % aller älteren Leute einen optimalen Vitamin D Spegel auf!
2. Dass durch Vitamin D Supplemente die Häufigkeit von infektionsbedingten Hospitalisationen bis zu 90 % gesenkt wird.
3. Dass durch Vitamin D Supplemente weniger Krebserkrankungen auftreten.
4. Dass durch Vitamin D Supplemente sturzbedingte Hospitalisationen reduziert werden.
5. Dass auch relativ hoch dosierte Vitamin D Supplemente (2000 IE/Tag) während 12 Monaten von älteren Leuten gut vertragen wird.
6. Das üblich dosierte Vitamin D Supplemente (800 IE/Tag) bei 30 % der älteren Leute auch nach einem Jahr nicht zu optimalen Plasmaspiegel führt. Mit 2000 IE/ Tag Vitamin D Supplementen hingegen erreichen alle älteren Leute einen optimalen Vitamin D Spiegel.
1. Studie
Titel:
Gegenwärtiger Vitamin D Status in den Ländern Europas und des Mittleren Ostens und Strategien um Vitamin D Defizite vorzubeugen
Original Titel:
Current vitamin D status in European and Middle East countries and strategies to prevent vitamin D deficiency
Autor:
Paul Lips und Mitarbeiter, University Medical Center, VUMC, Amsterdam, Holland
Publiziert:
European Journal of Endocrinology, April 2019
Zusammenfassung:
Es handelt sich um eine Präsentation und Zusammenfassung verschiedener Studien zum Thema Vitamin D.
Vitamin D Defizit (25 OH-D) unter 20 ng/ml ist in West- und Südeuropa und im Mittleren Osten häufig.
30 bis 60 % aller Einwohner in West- und Südeuropa und 80 % aller Bewohner des Mittleren Ostens haben ein Vitamin D Defizit.
Ein schweres Vitamin D Defizit mit Werten unter 12 ng/ml finden sich bei über 10 % aller Europäer.
Risiko Gruppen sind: Kleinkinder, Adoleszente, Schwangere und ältere Frauen sowie Immigranten aus nichtwestlichen Ländern.
Da eine genügend hohe Vitamin D Aufnahme durch Nahrungsmittel bei den meisten Europäern nicht realisierbar ist, empfehlen die Autoren eine generelle Anreicherung von Milchprodukten, Brot und Frühstücksflocken mit Vitamin D sowie für Risikogruppen eine routinemässige zusätzliche Supplementierung durch Vitamin D.
Link zur Originalpublikation: https://eje.bioscientifica.com/view/journals/eje/180/4/EJE-18-0736.xml
2. Studie
Original Titel der Studie:
Epidemischer Vitamin-D-Mangel bei Patienten einer geriatrischen Rehabilitationslinik
Autor:
Dr.med. Stefan Schilling, Facharzt für Innere Medizin/Geriatrie, Geriatrische Klinik St. Irminen, Trier
publiziert:
Deutsches Aerzteblatt International 2012; 109(3): 33-8
Studienablauf:
Bei 1 578 Patienten, welche nacheinander von Juli 2009 bis März 2011 in einer geriatrischen Rehabilitationsklinik in Trier, Deutschland aufgenommen wurden, hatte man im Blut den Vitamin D Spiegel (25-OH-Vitamin) gemessen. Das Durchschnittsalter der Patienten war 82 Jahre.
Ergebnis:
Ein Vitamin D Mangel mit Werten unter 20 ng/ml lag bei 89 % vor, ein schwerer Mangel mit Werten unter 10 ng/ml bei 67%.
Nur 4% der Patienten hatten einen Vitamin D Spiegel im optimalen Bereich von 30 – 60 ng/ml.
Kein Patient hatte einen erhöhten Wert von über 100 ng/ml.
Schlussfolgerung:
Die Vitamin D Versorgung der älteren Bevölkerung sollte schon allein aus Gründen der Knochengesundheit und zur Reduktion des Sturz- und Frakturrisikos verbessert werden.
Link zur Originalpublikation: https://cdn.aerzteblatt.de/pdf/109/3/m33.pdf
3. Studie
Titel:
Wirkung einer hohen Dosis von Cholecalciferol und intensiver Physiotherapie auf Komplikationen nach einer Hüftfraktur. Eine randomisierte Kontrolluntersuchung.
Original Titel:
Effects of High-Dosage Cholecalciferol and Extended Physiotherapy on Complications after Hip Tracture, a Randomized Controlled Trial
Hauptautorin:
Dr.med. Heike A. Bischoff-Ferrari, Centre on Aging and Mobility, Universität Zürich
Publiziert:
Archives of Internal Medicine, May 10, 2010
Studienziel:
Untersuchen, ob man die Komplikationsrate nach einer Hüftfraktur reduzieren kann durch zusätzliche intensive Physiotherapie und Vitamin D Supplementen im Vergleich zur üblichen Therapie nach einer Hüftfraktur.
Methoden:
173 Patienten wurden nach einer Hüftfraktur in die Studie aufgenommen. 79,2% Frauen, durchschnittlich 84 Jahre alt, 77.4 % lebten zu Hause.
Patienten erhielten
1. während der Hospitalisation entweder eine intensive 60 Minuten pro Tag dauernde Physiotherapie und nach dem Klinikaufenthalt während einem Jahr ein einfaches 30 Minuten dauerndes Programm für zu Hause.
2. oder während der Hospitalisation die übliche 30 Min pro Tag dauernde Physiotherapie ohne anschliessendes Trainingsprogramm für zu Hause.
3. zusätzlich doppel blind entweder täglich 2000 IE oder 800 IE Cholecalciferol.
Die Patienten wurden nach Studieneintritt 12 Monate lang untersucht auf Stürze und erneute Hospitalisationen.
Ergebnisse:
Zu Beginn hatten 50.9 % der Patienten einen Vitamin D Spiegel (=25 Hydroxyvitamin D) von weniger als 12 ng/ml und somit einen schweren Vit D Mangel. 87.7 % aller Patienten hatten einen Vitamin D Spiegel von weniger als 30 ng/ml und somit keinen optimalen Vitamin D Spiegel.
Nur 2.3 % aller Patienten hatten einen optimalen Vitamin D Spiegel.
In den 12 Monaten der Nachkontrolle wurden 212 Stürze registriert und 74 erneute Hospitalisationen.
Intensive stationäre Physiotherapie mit nachfolgendem leichten Training zu Hause reduzierte das Sturzrisiko um 25% im Vergleich zur üblichen stationären Physiotherapie.
2000 IE täglich führte im Vergleich zu nur 800 IE täglich zu 39% weniger Sturz bedingten Hospitalisationen und zu 90 % weniger infektionsbedingten Hospitalisationen
Nach 12 Monaten postoperativem Training zu Hause, das mindestens einmal pro Woche gemacht wurde, berichteten 53% der Patienten, dass sie dadurch stärker und mobiler wurden, 38 % der Patienten berichteten, dass sie dadurch sogar sehr viel stärker und mobiler wurden.
Diese subjektiv wahrgenommene Verbesserung durch das Training zu Hause konnte bestätigt werden durch objektive Tests, welche nach 12 Monaten durchgeführt wurden.
Sowohl mit 2000 IE/Tag als auch mit 800 IE/Tag wurde ein schwerer Vit D Mangel behoben.
Nach 12 Monaten erreichten 93 % der 2000 IE Gruppe wünschenswerte Vitamin D Spiegel von über 30 ng/ml während es in der 800 IE Gruppe nur 70 % waren. Das heisst eine Supplementierung während einem ganzen Jahr mit 800 IE pro Tag ist häufig ungenügend für einen optimalen Vitamin D Spiegel.
Sicherheit der Vitamin D Supplementierung:
Sowohl in der 800 als auch in der 2000 IE Vitamin D Gruppe blieben die Calcium Spiegel im Blut bei über 98 % der Patienten im Normbereich. Nach 6 Monaten zeigten 2 Patienten in der 800 IE Gruppe und ein Patient in der 2000 IE Gruppe eine milde Hypercalcämie, nach 12 Monaten zeigte nur noch ein Patient eine milde Hypercalcämie.
Die Kreatinin Clearance, der wichtigste Wert für die Bestimmung der Nierenfunktion, hatte sich in beiden Gruppen während den 12 Monaten nicht signifikant verändert.
Es trat bei keinem Patient eine Nierenverkalkung auf.
Zusammenfassung:
1. Nur 2.3 % aller älteren Leute weisen einen optimalen Vitamin D Spiegel im Blut auf wenn sie wegen einer sturzbedingten Hüftfraktur hospitalisiert wurden.
2. Durch 2000 IE Vitamin D Supplementierung kann die Häufigkeit von sturzbedingten Hospitalisationen bei älteren Leuten um 39% reduziert werden.
3. Durch stationäre intensive Physiotherapie und anschliessendem Training zu Hause mindestens einmal pro Woche, wurde das Sturzrisiko um 25 % reduziert.
4. Eine relativ hohe Vitamin D Supplementierung mit 2000 IE pro Tag ist auch bei längerer Einnahme und bei älteren Patienten sicher und führt zu keinen Gesundheitsschäden.
Schlussfolgerung:
Die Autoren empfehlen älteren, sturzgefährdete Patienten täglich 2000 IE Vit D einzunehmen und mindestens einmal pro Woche zu Hause ein einfaches 30 Minuten dauerndes Training zu absolvieren.
Link zur Originalpublikation: http://www.alterundmobilitaet.usz.ch/Documents/Bischoff-Ferrari%20HA%20et%20al.%202010%20-%20High%20Dosage%20VitD%20extended%20physiotherapy%20hip%20fracture.pdf